500 Jahre Reformation: Münchens erstes protestantisches Gotteshaus

Festakt anlässlich der Enthüllung einer Erinnerungstafel im Comité-Hof der Residenz

Die Evangelische Kirche in der Region München gedenkt anlässlich des Jubiläumsjahrs „500 Jahre Reformation“ der Anfänge der Geschichte der Protestanten in München. Mit der Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wird künftig auf einer Tafel in der Residenz an das erste protestantische Gotteshaus in München erinnert. Es befand sich an der Stelle des heutigen Comité-Hofs. 1799 wurde es für die protestantische Kurfürstin Karoline von Baden und ihr Gefolge eingerichtet und am 6. April 1800 eingeweiht. Beim Festakt am 5. April sprachen Staatsminister Dr. Markus Söder, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler und Stadtdekanin Barbara Kittelberger jeweils Grußworte.

Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder: „Wir feiern in diesem Jahr das 500. Jubiläum der Reformation. Am 31.Oktober 1517 hat der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen. Das Lutherjahr hat für mich als Mitglied der Landessynode und auch als Heimatminister eine besondere Bedeutung. In Bayern gibt es viele Zeugnisse der Zeit der Reformation wie den ältesten für den protestantischen Ritus ausgestatteten Kirchenraum in Deutschland in der Schlosskapelle in Schloss Neuburg a.d. Donau aus dem 16. Jahrhundert. In München dauerte es bis ins 19. Jahrhundert bis eine evangelische Kirche errichtet wurde. Es war ein langer Weg, bis der Staat freie Religionsausübung für alle gewährte. Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt.“

In München war es infolge des ersten bayerischen Religionsmandats vom März 1522 verboten, „Luthers Irrungen anzuhangen, dieselben zu disputieren, zu beschützen und verfechten“. Die „reformatorische Wende“ kam erst am Ende des 18. Jahrhunderts nach München – mit der Hochzeit von Kurfürst Max Joseph mit der lutherischen Prinzessin Karoline von Baden in 1797. In ihren „Ehepakten“ ließ sich die junge Frau das Recht auf freie Ausübung ihres Glaubens zusichern. Am 2. Juni 1799 wurde der erste evangelische Gottesdienst in München im grünen Saal von Schloss Nymphenburg zelebriert. Im Jahr 1800 wurde das Ballhaus der Residenz München zu einer evangelischen Hofkirche umgebaut. Die Einweihung erfolgte am Palmsonntag, den 6. April 1800, durch Kabinettsprediger Ludwig Friedrich Schmidt. Die erste evangelische Kirche in der Landeshauptstadt bot 900 Menschen Platz.

Mit Psalm 84, den Kabinettspredigers Ludwig Friedrich Schmidt zum Gegenstand seiner ersten Predigt nahm, begann Stadtdekanin Barbara Kittelberger ihr Grußwort: „Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.“ Der Kabinettsprediger, so Kittelberger, beschreibt damit das Glück der Protestanten in München endlich ein Gotteshaus gefunden zu haben. „Schmidt ist neben Kurfürstin Karoline die entscheidende Persönlichkeit für die Entstehung einer Münchner evangelischen Gemeinde. Ausgerechnet einer Frau und der Liebe wegen verdanken wir Protestanten heute das Wunder von 1799. Heute, im 500. Jahr des Reformationsjubiläums sind Frauen in kirchenleitenden Positionen selbstverständlich und gestalten im Kirchenkreis München/Oberbayern und in München unsere evangelische Kirche - gemeinsam mit Männern. Zum Gestalten der Zukunft gehört das Bewahren des Erbes unserer Vergangenheit. So wurde die Idee geboren, mit einer Gedenktafel im Comité-Hof in der Residenz an die Anfänge des Protestantismus in München zu erinnern.“ An dieser Stelle dankte die Stadtdekanin allen Beteiligten herzlich, die zur Verwirklichung des Projektes beigetragen haben.

Susanne Breit-Keßler, Regionalbischöfin und ständige Vertreterin des Landesbischofs, spannte den Bogen von den Anfängen der Protestanten im Hofbethaus in der Residenz bis in die Gegenwart. Sie betonte in Ihrem Grußwort, wie wichtig in einer immer schneller werdenden Zeit „Oasen der Ruhe“ wären: „Die Taktung ist hoch. Arbeit, Shoppen, Konzert, Kino, Disco, Theater, Fußball, Biergarten – vieles bringen Menschen heute an einem Tag oder einem Wochenende unter einen Hut. Diese bieten unsere Gotteshäuser. In vielen Kirchen sieht man tagsüber Menschen mit Einkaufstüten oder Aktentaschen, die einfach einmal zehn Minuten lang dem Trubel der Stadt entkommen wollen und sich still in eine Kirchenbank setzen, um den Körper und die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Unsere Stadt braucht diese heiligen Räume, die erfüllt sind von Ruhe und Stille. In ihnen geht es nicht um Konsum und Workflow, Party und Familienalltag. In ihnen erhalten Menschen die Chance, zu sich zu kommen und Verbindung aufzunehmen zu dem Grund, der ihr Leben trägt. Kirche in der Stadt ist aber noch viel mehr als der notwendige Rastplatz für die gestresste Seele. Es ist eine Rückkehr zu unseren Anfängen.“

Darüber hinaus wurde anlässlich der Enthüllung der Erinnerungstafel eine Ausstellung zur „Chronik der Protestanten in München“ eröffnet, die bis 30. April 2017 im Comité-Hof besichtigt werden kann.


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Gabriele März
Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit